Man muss es zu verstehen versuchen. Was? 1998 gelang es der SPD nach vielen Jahren der Nichtbeteiligung an der Regierung mit Hilfe der Grünen die Kanzlerschaft zu erlangen. Dem SPD Kanzler Gerhard Schroeder gelang bei der nächsten Wahl 2002 sogar eine Anküpfung an die Erfolge mit den Grünen. Aus diesem Grund mag es auch dem aktuellen SPD Kanzler Scholz nicht aus dem Kopf gehen, dass die SPD seit vielen Jahrzehnten nur mit den Grünen den Kanzler stellen konnte. Dass dies 2021 nur auch unter Beteiligung der FDP möglich wurde, blendet er weitgehend aus, denn er fühlt sich von der FDP im Stich gelassen, was die Haushaltsfrage angeht. Die Regierungsübernahme mit SPD, Grünen und FDP fällt zeitlich in den Beginn des Ukrainekrieges, der eine abrupte Verteuerung der Energie zur Folge hatte. Strom- und Gaspreisbremsen waren die schnelle Antwort der Regierung. Das zeichnete sie aus. Angesichts der veränderten Energielage wollten dann die Grünen mit dem Heizungsgesetz bzw. formell Gebäudeenergiegesetz eine schnelle Abkehr von Gas und Heizöl einläuten. Allerdings wurden die Grünen dann auch schnell als Verbotspartei eingestuft. Vieles aus diesem Gesetz schien selbst angesichts der Situation, dass ein bedeutender Energielieferant der Vergangenheit nun nicht mehr in Frage kam, und man sich dringend grüner aufzustellen hätte, unrealistisch. Das Gesetz musste auch nachgebessert werden. In vielen Wohngebieten in den Städten ist bis heute nicht ersichtlich, dass es Impulse gebracht hätte. Man kann eben nicht alles durch Gesezte erzwingen, sondern muss die Menschen vielmehr dazu bringen, dass sie freiwillig mitmachen, und dies auch weitgehend privat bezahlen. Als das Bundesverfassungsgericht aufgrund einer Klage der CDU der Regierung die Umwidmung von freien Mitteln aus der Coronazeit in einen anderen Fond untersagte, der die Wirtschaft transformieren sollte, folgte wenige Tage danach der Beschluss, die CO2 Steuern zu erhöhen. Was noch zu der Ampelregierung zu sagen ist, wäre der Punkt, dass es einige Maßnahmen gab, wie hier in dieser Sektion zur Konjunktur auf poum.de schon vor einigen Jahren berichtet, die nicht dem Gebot der Konstanz der Wirtschaftspolitik entsprachen, und auch nicht damit zusammenpassen, dass man dann später wieder die Stellschraube CO2 Steuer höher schraubte. Wirklich weil man sich damit eine CO2 Einsparung erhoffte, oder gerade weil man dringend kurzfristig weitere Steuereinnahmen brauchte, selbst wenn man sich vielleicht ebenso kurzfristig damit die Konjunktur abwürgte? Gemeint ist das 9 € Ticket während 3 Monaten für den öffentlichen Nahverkehr und Regionalzüge. Zur gleichen Zeit, wahrscheinlich weil man sich nicht Klientelpolitk für Einkommensschwächere, die möglicherweise ohnehin wenig Steuern zahlten, nachsagen lassen wollte, verbilligte die Regierung für diese Monate auch Benzin und Diesel. Das heißt, die meiste Zeit war es kaum günstiger als vorher, weil die Lage auf den Weltmärkten eher zu einer Preisverteuerung ohne Berücksichtigung der Steuern geführt hatte. Die Regierung zeigte sich kurz beleidigt: Wahrscheinlich wollten Mineralölkonzerne von der Regierungsmaßnahme profitieren. Alles in allem, etwas erratisch und ohne Konstanz, weil nur für 3 Monate. Und das 9 € Ticket konnten im Grunde auch Einkommensstärkere nutzen. Bei all diesem hat die FDP mitgemacht und Kritik an der gesamten Regierung hielt sich noch in Grenzen, wenn man vom Heizungsgesetz absieht. Ich könnte jetzt hier weiterschreiben, dass wenn schon die Energiefrage weitgehend als sehr vordergründig für wirtschaftliches Wachstum angesehen wird, warum man nicht einfach Energie konsequent für private Haushalte und Unternehmen, auch den Mittelstand, subventioniert? Deswegen nicht, weil diese Regierung unter Beteiligung der Grünen die CO2 neutrale oder CO2 reduzierte Energie nicht einfach innerhalb weniger Monate herbeizaubern kann - man denke an grünen Wasserstoff, für den übrigens schon Subventionen ausgeteilt wurden. Und vielleicht ist es genau dies: Weil eine konsequente Subventionierung der Energie um Wachstumsschwächen zu vermeiden nicht an grüner Energie hätte halt machen können, wäre dem Wunsch der Grünen nicht entsprochen worden, dass einerseits Energie insgesamt eingespart wird, und dass auch damit verbunden der CO2 Ausstoss durch solch eine konsequente Subverntionspolitk zunächst nicht erreicht worden wäre. Und dann ist es auch so, dass wenn Energiesubvention in den Vordergrund gestellt wird, einfach weil man sich sagt, daraus kommt schon mehr Wachstum und auch mehr Steuereinnahmen, dass bis dahin andere Ministerien auch auf Haushaltsmittel hätten verzichten müssen. Es wäre in der Hauptsache nur Energiesubventionspolitik gewesen, mit der die Grünen sich nicht hätten identifizieren können. Nun stehen wir da: Viele Projekte sind nicht zuende geführt. Die Kindergrundsicherung wurde schon früh gestoppt, die Krankenhausreform steht in den Sternen und die energieintensive Industrie in Deutschland hat ein Problem. Wie eine neue Regierung aus dem Flickenteppich, den die Ampelkoalition hinterlassen hat, schnell wieder herauskommen möchte, ist unklar, und dass die SPD sehr wahrscheinlich an einer neuen Regierung wieder beteiligt sein wird, macht es nicht leichter. Früher hätte man gesagt: Zum Glück noch einer der sich auskennt, wie es eigentlich gedacht war...



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