Vor einiger Zeit habe ich an dieser Stelle gefragt, ob ein Umbau des Sozialstaates erforderlich wäre, und ob es dabei etwas bringen würde, wenn man vom Individualprinzip bei der Besteuerung abweichen würde. Natürlich würden viele Bürger sagen, das Individualprinzip bei Sozialversicherungsbeiträgen haben wir ja gerade deswegen, weil es dadurch nicht zu sozialistisch wird (wer mehr verdient und z.B. mehr Rentenversicherungsbeiträge zahlt, erwirbt auch einen höheren Rentenanspruch), aber gleichsam für alle in der Gesellschaft erkennbar wird, dass die Gutverdienenden über die Einkommenssteuer höhere Beiträge leisten als die Geringverdiener, die gegebenenfalls keine Einkommenssteuer zahlen. Nun ist es aber auch so, dass diejenigen, die wenig Einkommenssteuer zahlen, wenig steuerliche Abzüge geltend machen können. Wer als Geringverdiener beispielsweise eine weite Anfahrt zur Arbeit mit dem Auto hat, spart weniger Steuern als ein Gutverdienender. Also das mit dem "sozialistisch" kann man je nach Blickwinkel so oder so deuten. Und natürlich ist es auch so, dass in einem Betrieb bestimmte nur deswegen Gutverdiener sein können, weil gehaltlich an anderen Mitarbeitern gespart wird. Feststellen kann man nun, dass über die Besteuerung nach dem Individualprinzip - und die gilt ja nicht nur für Personen sondern auch für Unternehmen - die Steuereinnahmen und die zukünftig zu erwartenden Steuereinnahmen (auch Sozialversicherungseinnahmen) unter dem Haushaltsbedarf liegen. Das Individualprinzip führt also zu Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen, die zu gering sind. Jeder leistet das gemäß seiner individuellen steuerlichen Leistungsfähigkeit, aber in Summe liegt dies unter den geplanten Ausgaben des Staates und der Sozialversicherungsträger. Was kann man tun? Nun, einige in der Politik sagen, dann müssen Staat und Sozialversicherungen eben sparen und ihre Ausgabenwünsche herunterschrauben. Eine andere Möglichkeit wäre, dass man Unternehmen, die schon lange auf dem Markt sind und über die es weit in die Vergangenheit zurückreichende steuerliche Daten gibt, sagt, "Dein steuerlicher Beitrag soll 2025 so und so hoch sein." Wäre das zu sozialistisch? Denn die Unternehmer bekämen möglicherweise den Eindruck, sie müssten ihre Aktivitäten für die zu zahlenden Steuer ausrichten und würden gar nicht mehr für sich selbst arbeiten. Allerdings werden in Unternehmen viele Entscheidungen auch jetzt schon vorwiegend unter steuerlichen Aspekten gefällt. Wenn man Unternehmen im Vorfeld sagen würde, dieser und jener Betrag, ist das Maximum an Steuern, die ihr in 2025 zu bezahlen habt, und jede darüber hinausgehende Anstrengung, die zu einem Ertrag führt, dürft ihr für Euch bzw. den Ertrag für Euch behalten, sehe das wiederum anders aus. Wenn man mal genauer darüber nachdenkt, ist das auch bei der Einkommenssteuer von Angestellten nicht ganz unähnlich. Die Steuer ist erst einmal so über ein ganzes Jahr. Dann mit der Einkommenssteuererklärung werden Kosten steuerlich geltend gemacht, die dann die Steuerlast verringern können. Es kommt dann zu einer Erstattung. Zugeben muss ich, dass ich mich mit Unternehmenssteuern nicht auskenne. Natürlich hat es im bestehenden System der Besteuerung auch seinen Grund, dass der Staat nicht einfach sagen kann, das ist mein Haushaltsbedarf, die Unternehmer inklusive ihrer Angestellten über deren Einkommen und Konsum (Umsatzsteuer) sollten bitteschön den kompletten Haushalt des Staates aus Steuermitteln aufbringen. Dann könnten die Mitarbeiter des Staates unbegrenzt Haushalsbedarf anmelden. Es wird immer wieder herausgestellt, dass die Kosten des öffentlichen Dienstes inklusive der Gehälter der Staatsbediensteten stabilisierd auf die Konjunktur wirken. Meine Absicht mit den Beiträgen zum Individualprinzip der Besteuerung, und dass dieses oft genug nicht zu einem ausreichenden Steueraufkommen führt, ist die, dass das hier von mir skizzierte im Ergebnis dazu führen sollte, dass man das Steueraufkommen unabhängiger von der Konjunktur macht. Also der Staat sagt, zahlt erst einmal diese Steuer gemäß umsichtiger Haushaltsplanung, dann sehen wir weiter. Natürlich unterliegen die jeweiligen Steuersysteme in Europa und in der Welt einem Wettbewerb, der Standortvorteile bedeuten kann. Aber die Steuer ist ja nicht der einzige Standortvorteil oder Standortnachteil. Das deutsche Steuersystem ist nun einmal so wie es ist und kann auch nicht ohne weiteres von einem Tag auf den anderen geändert werden. Aber trotzdem kann das Nachdenken über das Abweichen von den bisherigen Prinzipien der Besteuerung dazu führen, um herauszufinden in welchen Aspekten das Steuersystem zu ändern ist. Nicht ganz nachvollziehen kann ich die Haltung der FDP, die oft genug sagt, vieles würde sich für Unternehmer steuerlich nicht lohnen, da muss man Steuern senken. Wie ich selbst herausgefunden habe, kann sich Unternehmerisches auch aus anderen Gründen nicht lohnen. Ich habe 2003, 2012 und 2021 jewweils ein Buch gemacht, d.h. geschrieben und in den Druck gegeben. Natürlich hätten die Druckereien mehr Druckaufträge von mir erhalten können, wenn es sich unternehmerisch für mich gelohnt hätte. Aber wahrscheinlich kommen bald höhere Steuern für Süßgetränke, weil es dieses ist, was nachgefragt wird und nicht ein Buch, selbst wenn es günstig ist.



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